Sessionsbericht Januar 2011

Neues aus dem Rathaus Januar 2011

Vorstösse aus den Polen polarisieren

An der ersten Session unter dem neuen FDP-Kantonsratspräsidenten Claude Belart standen fast ausschliesslich Aufträge aus den S-Fraktionen SVP und SP auf der Tagesordnung. Die FDP konnte sich für kaum eines dieser Anliegen erwärmen. Der Verdacht liegt nahe, dass der eine oder andere „Chabis“ lediglich zur Wahlkampfprofilierung diente. Bei frostigen Januartemperaturen ging es deshalb im Plenarsaal zeitweise ziemlich hitzig zu und her.

 

 

 

Eine kaum liberale Kleidervorschrift

Die FDP ist sich des Missstands von vollverschleierten Frauen vollumfänglich bewusst. Diese steht symbolisch für die Unterdrückung der Frau und wird vielfach als Zeichen einer schleichenden Islamisierung betrachtet. Ein SVP-Auftrag, der eine Standesinitiative für ein Burkaverbot forderte, wurde jedoch lediglich von einigen FDP-Kantonsrätinnen befürwortet. Eine Mehrheit der Fraktion befand, dass man das Augenmass wahren solle. In einem liberalen Rechtsstaat ist es kaum angebracht, eine Kleidervorschrift für ein hierzulande nicht existierendes Problem zu fordern. Ausserdem widerstrebte es den meisten Freisinnigen, mit einer Standesinitiative in Bern Effekthascherei zu betreiben. Dieses demokratische Instrument, dessen Wirkung vielfach überschätzt wird, wurde in letzter Zeit überbeansprucht. Vor allem die Polparteien benutzen es ständig, um im Kantonsrat Bundespolitik zu betreiben und sich in die Schlagzeilen zu mogeln. Sie halten damit lediglich die Parlamentsarbeit auf, statt echte kantonale Probleme zu behandeln und zu lösen.

 

Keine Bildungspolitik via Beschaffungswesen

Die SP wollte die Lehrlingsausbildung als Vergabekriterium beim öffentlichen Beschaffungswesen stärker gewichten lassen. Die Ausbildung wird nach Meinung der FDP bereits ausreichend berücksichtigt, weshalb es nicht nötig erscheint, dieses Kriterium noch weiter auszubauen. Gerade kleine und spezialisierte Betriebe, die oft nicht die Möglichkeit haben, Lehrlinge auszubilden, wären dadurch benachteiligt worden. Gerichtsentscheide stützen die heutige Praxis, wonach Qualitäts- und Preiskriterien im Vordergrund stehen müssen. Ein anderer SP-Auftrag verlangte die Nachweiserbringung der GAV-Bestimmungen von Unternehmen, die an einem Submissionsverfahren teilnehmen. Die FDP wollte sich gegen diesen zusätzlichen Bürokratieaufwand wehren, schickte auf Antrag jedoch das Geschäft in die zuständige Kommission zurück. Da offenbar auch die Arbeitgeber diese Massnahme wünschen, will sich die Fraktion nicht a priori gegen das Gewerbe stellen und wird sich noch einmal beraten.

 

Verursacher, Beklagter und Richter in einer Person?

Schliesslich musste Regierungsrat Walter Straumann eine Schelte aus allen Fraktionen einstecken. Eine dringliche SP-Interpellation hatte die Neuordnung der medizinischen Staatshaftung arg kritisiert. So hätten bei einem Behandlungsfehler künftig die Solothurner Spitäler AG als Verursacher und Beklagte gleichzeitig erstinstanzlich urteilen sollen. Dass dies kaum im Sinne der betroffenen Patientinnen und Patienten sein kann, lag auch für die FDP auf der Hand. Nun ist beim Departement Eile geboten, eine neue Lösung zu präsentieren. Denn die geplante Übergangsverordnung dürfte in der nächsten Session Schiffbruch erleiden und eine Lösung hätte laut Bundesgericht schon per 1. Januar 2011 vorliegen sollen. Momentan herrscht also Rechtsunsicherheit, was unannehmbar ist.

 

Umweltschutz und Bürokratieabbau in einem

Wie Vorstösse aussehen, die den Bürgerinnen und Bürgern dieses Kantons einen echten Mehrwert bringen, wird aus einem Auftrag von Claude Belart ersichtlich. Er verlangte, die kantonale Bauverordnung so anzupassen, dass Balkonverglasungen im unbeheizten Bereich nicht mehr zur Ausnützungsziffer gerechnet werden müssen. Damit kann eine sinnvolle, energiesparende Massnahme von Hausbesitzern künftig ganz unbürokratisch umgesetzt werden.

 

Neuer FDP-Vorstoss

Interpellation Fraktion:
Keine Leistungen bei Prämienausständen

Personen, die ihre Krankenkassenprämien nicht bezahlen, können trotzdem Leistungen von Ärzten und Spitälern in Anspruch nehmen. Diese Kosten bleiben beim Kanton hängen. Die FDP will die Haltung des Regierungsrats, auch in Bezug auf das Führen von „Schwarzen Listen“, einholen.

 

Sehen Sie die Zusammenfassung im Videokommentar von Irene Froelicher, Kantonsrätin