Sessionskommentar November 2016

Gewichtige Traktanden

Gewichtige Traktanden, sogar ein als zweites Jahrhundertgeschäft bezeichneter Tagesordnungspunkt sowie die Behandlung einer Volksinitiative prägten die sechste Kantonsratssession 2016. Abgerundet wurdet diese durch einige mehr oder weniger umstrittene Aufträge und Interpellationen, welche sich teilweise vorzüglich für Debatten und Grabenkämpfe eigneten.

Ohne viele Diskussionen und recht zügig erledigte der Rat das Geschäft über die Ersatzbeschaffung der kantonalen Steuerlösung und die dazu notwendige Bewilligung eines Verpflichtungskredites von 17 Mio. Franken. Das einstimmige Resultat wurde einzig und allein durch die Abstimmungsabstinenz von Markus Spielmann, der einige Minuten vorher als Mitglied des Kantonsrates und Nachfolger von Claude Belart vereidigt worden war, getrübt. Die Technik des Abstimmens will eben auch gelernt sein…

Ebenso einstimmig, und diesmal mit den Stimmen aller Anwesenden, wurde für die Sanierung und Umnutzung des Gebäudes Rosengarten in Solothurn ein Verpflichtungskredit über 14.9 Mio. Franken gesprochen. Die gut aufbereiteten Unterlagen wurden sehr gelobt. Leise Überlegungen, ob dieser Kredit nicht dem fakultativen Referendum unterstellt sei, konnte Regierungsrat Roland Fürst ausräumen. Das wohl unbestrittenste Geschäft war die Vereinigung der römisch-katholischen Kirchgemeinden Gänsbrunnen und Welschenrohr.

Eindeutig mehr Diskussions- und Debattierbedarf bestand beim total revidierten Jagdgesetz (JaG) sowie bei der Änderung des Fischereigesetztes (FiG) und der notwendigen Anpassung des Gebührentarifes. Die zwei Änderungsanträge der Fraktion CVP/EVP/glp/BDP sowie derjenige von Felix Lang fanden keine Mehrheit, so dass die Totalrevision schlussendlich wuchtig mit 90 Ja bei 4 Enthaltungen und der Gebührentarif mit 93 Ja einstimmig angenommen wurden. Von allen Seiten wurde die Transparenz des Vorgehens gelobt – bereits bei den Gesetzesvorlagen waren die Wortlaute der Verordnungen bekannt, wobei dennoch mehrmals darauf hingewiesen wurde, dass der Kantonsrat Solothurn über ein in der Schweiz einmaliges Instrument des Verordnungs-Vetos verfügt.

Trotz schrägen Tönen aus den eigenen Reihen gegen die Finanzkommission, wurde dem Antrag des Regierungsrates entsprochen, die Geltungsdauer des EG Stiftungsaufsicht nochmals um ein Jahr bis 31.12.2017 zu verlängern und damit auch die Teilrevision dieses Gesetzes zu verschieben. Sehr staatsmännisch reagierte Beat Loosli als Präsident der Fiko auf diese Vorwürfe. Erwartet wird aber allseits, dass in einem Jahr dann eine klare Vorlage vorliegt.

Die Bewilligung eines Verpflichtungskredites über 997‘500 Franken für die obligatorische Weiterbildung für die Einführung des Lehrplans Solothurn löste erwartungsgemäss eine heftige Diskussion aus. Trotz gegenteiliger Beteuerung mutierte die Debatte zu einer Diskussion um den Lehrplan 21. Regierungsrat Remo Ankli widersprach den Vorwürfen der Vorwegnahme des Volkentscheides über den Lehrplan 21. Es entspreche der professionellen Einstellung seines Departements, vorbereitet zu sein für alle Fälle. Unbestritten blieb, dass der gesprochene Kredit bei der Annahme der Initiative gegen den Lehrplan 21, hinfällig würde. Mit 67 Ja, bei 23 Nein und 0 Enthaltungen wurde dem Geschäft zugestimmt.

Jahrhundertgeschäft

Die Übertragung des Eigentums an den Spitalimmobilien auf die Solothurner Spitäler AG und die damit notwendige Änderung des Spitalgesetzes (SpiG) entfachte eine Diskussion um die mit der Übertragung des Eigentums verbundenen, schwindenden Einflussnahme des Kantonsrates. Sogar von Einschränkung der Volksrechte und des Abbaus von Demokratie war die Rede. Finanziell gesehen wurde dieses Geschäft, nebst der Ausfinanzierung der PKSO, als Jahrhundertgeschäft bezeichnet, entschied der Kantonsrat hier doch über einen Betrag von rund 571 Mio. Franken. Die Übertragung entspricht jedoch der konsequenten Umsetzung der Immobilien-Strategie des Kantons und die meisten umliegenden Kantone haben diesen Schritt bereits gemacht. Einen warnenden Finger erhob Peter Brügger. Da der Kanton auch nach Übertragung des Eigentums, Grundeigentümer (Baurechtsgeber) bleibt, trägt er auch das Risiko, insbesondere dann, wenn mittel- bis langfristig Sanierungsbedarf entsteht. Beide Beschlussesentwürfe wurden dann mit 81 Ja und 7 Nein bei 4 Enthaltungen angenommen und erreichten somit problemlos das geforderte 2/3-Quorum.

Volksinitiative

Am 27.5.2015 wurde die Volksinitiative „Finanzielle Unterstützung von Tagesstätten für betagte Menschen“ mit über 5‘000 Unterschriften eingereicht. Alle Fraktionen unterstützten – mit leichten Nuancen – in ihren Voten den Gegenvorschlag der Regierung, welcher als überzeugender als die Initiative bezeichnet wurde, da er den Akzent auf die Betreuung und weniger auf die Pflege legt. Alle unterstrichen die Notwendigkeit, pflegende Angehörige zu entlasten. Trotzdem fehlten auch nicht warnende Töne. Die Schaffung einer neuen Subvention führe zu einer Steigerung der Nachfrage und somit der Gesundheitskosten. Der Regierungsrat wurde aufgerufen, die Administrationskosten so tief wie möglich zu halten. Kuno Tschumi als Präsident des VSEG bedauerte, dass die Volksinitiative nicht vorgängig mit dem VSEG abgesprochen worden war. Keine Chance hatte der kurzfristig eingereichte Antrag der CVP/EVP/glp/BDP, den Kreis der anspruchsberechtigten Personenkategorien auf körperlich beeinträchtigte Personen zu erweitern. Der Antrag wurde zurückgezogen. Der Gegenvorschlag des Regierungsrates wurde mit 87 Ja, 0 Nein und bei 1 Enthaltung angenommen.

Behandelte Aufträge

  • Digitale Dokumente vollständig und zeitgerecht online: von allen Fraktionen gut aufgenommen. Die SVP sah in ihrer Zustimmung den Beweis ihrer IT-Tauglichkeit und Gegenbeweis, grundsätzlich gegen SP-Vorstösse zu sein.
  •  Informationspflicht zur Möglichkeit einer späteren Einschulung: Überweisung des Auftrages mit gerade einer Gegenstimme an den Regierungsrat gemäss Antrag der Bikuko. Der Auftrag greift in den operativen Bereich der Schulträger ein, jedoch eine spätere Einschulung kann starke Auswirkungen auf zukünftige Fördermassnahmen haben und eine Entlastung bei diesen bringen.
  • Bekämpfungspflicht von Neophyten: stark umstrittenes Geschäft. Mit 53 Stimmen gegen 31 bei 4 Enthaltungen entschied sich der Kantonsrat, die Vorlage nicht erheblich zu erklären. Die Grundstimmung war, lieber finanzielle Mittel für die Bekämpfung von Neophyten einzusetzen, denn für administrative Aufgaben.
  • Rechtsschutz bei Gebühren mit Ermessensbereich: Der Auftraggeber, Manfred Küng, fühlte sich unverstanden und verunsichert, was dem Kantonsrat ein ehrliches „Ohhhh“ entlockte. Es war allgemein ein spezielles Geschäft, wurde doch ein langjähriger Polithase damit kalt erwischt. Ernst Zingg hatte als Kommissionssprecher schlicht vergessen, sich vorzubereiten und es war in der Legislatur 2013 – 2017 das erste Mal, dass der Sprecher der Kommission erst nach den Fraktionssprechern, etwas ungewohnt kurz, das Wort ergriff. Der Auftrag wurde mit 71 Stimmen für nichterheblich erklärt (10 Stimmen für erheblich, 10 Enthaltungen).
  • Optimierung begleiteter Berufseinstieg Lehrpersonen. Einigkeit herrschte darin, dass der Kanton alles zu unternehmen habe, um die hohe Zahl der vorzeitigen Berufsaussteiger zu senken, auch wenn Regierungsrat Remo Ankli darlegte, dass Berufsausstiege nicht monokausal beurteilt werden dürfen und u.a. auch die Löhne eine Rolle spielen können. Der Auftrag wurde mit 63 Stimmen erheblich erklärt, 28 Ratsmitglieder sprachen sich für nichterheblich aus.
  • Schaffung von Klassen für fremdsprachige Kinder mit keinen oder schlechten Deutschkenntnissen: mit Ausnahme der SVP und der Schreiberin dieses Sessionsrückblickes, setzte sich als Einzelsprecher niemand für diesen Auftrag ein. Der allgemeine Tenor war, dass es genügend Angebote gebe und es keiner Änderung bedürfe. Interessant war das Stimmverhalten. Von der Fraktion CVP/EVP/glp/BDP stimmten 5, von der FDP 2, von den Grünen 1 sowie die ganze noch anwesende SVP-Fraktion mit 17 Stimmen für die Erheblichkeitserklärung; 62 Stimmende folgten dem Regierungsrat mit nichterheblich und 2 enthielten sich der Stimme.

Behandelte FDP-Interpellationen

  • Staatsanwaltschaft Solothurn – massvoller Einsatz und Verhältnismässigkeit: Die gestellten Fragen stiessen bei den anderen Fraktionen – mit Ausnahme der CVP – auf Verständnis. Die Juko wurde aufgerufen, in Zukunft näher hinzuschauen.
  • Steuerverwaltung – Änderung der Veranlagungspraxis und Umsetzung von Empfehlungen der Schweizerischen Steuerkonferenz: Die Fraktion entnahm den Antworten, welche mit „ja/nein, aber“ zusammengefasst werden können, dass die Veranlagungspraxis sehr wohl verschärft worden ist. Als mögliche Umgehung des Verordnungs-Vetorechts wurde die Übernahme der Empfehlungen der Schweizerischen Steuerkonferenz bezeichnet.
  • Vertreibt der Umgangston einzelner Steuerexperten Firmen aus dem Kanton?: Nicht nur die FDP-Fraktion war von den Antworten enttäuscht, auch die SVP sieht in den Antworten, eine mangelnde KMU-Freundlichkeit. Regierungsrat Roland Heim anerkannte zwar den Handlungsbedarf; ob die Problematik aber mit Schulungen und vorgegebenen Sprachweisungen gelöst werden kann, darf bezweifelt werden.

In Kürze

  • Vereidigung als Kantonsrat von Pascal Walter anstelle von Urs Allemann (CVP)

  • Wahl von Mark Winkler anstelle von Claude Belart als Mitglieder der UmBaWiKo

  • Wahl von Markus Spielmann anstelle von Mark Winkler als Mitglied der Redaktions-Kommission

  • Wahl von Helmut Nadig (SVP) als Ersatzmitglied der Kantonalen Schätzungskommission

  • 16 neue Vorstösse warten auf uns in den nächsten Sessionen

Neuer FDP-Vorstoss

Kleine Anfrage Mark Winkler (Witterswil): Höhere Steuererträge von Hauseigentümern aufgrund der gesunkenen Hypothekarzinsen in den letzten 10 Jahren.