Sessionsbericht September 2018

Finanzausgleich gab zu reden

Am ersten Tag der Septembersession 2018 beschäftigten die Steuerungsgrössen im Finanz- und Lastenausgleich FILAG der Einwohnergemeinden für das Jahr 2019.

Ja, der neue FILAG wirkt. Nach Auslaufen des Härtefallfonds wird sich die Bandbreite zwischen der maximalen und der minimalen Steueranlage von 90 (2015) auf maximal 65 (2020) reduzieren. Die Reduktion der Bandbreite kommt bisher nicht durch eine wesentliche Reduktion der höchsten Steuersätze zustande, sondern durch grosse Steuererhöhungen der bisher attraktivsten Gemeinden. Parallel dazu hat sich der durchschnittliche Steuerfuss im Kanton seit 2016 kontinuierlich reduziert. Dies war explizit zwar keine Zielsetzung des FILAG, ist nun aber Tatsache. De facto bezahlen dies die Gebergemeinden.

2019 sollen gemäss Botschaft des Regierungsrats 25 finanzstarke Gebergemeinden insgesamt 84 Nehmergemeinden unterstützen. Das Verhältnis Geber- zu Nehmergemeinden ist unverhältnismässig und einseitig zu Lasten der Gebergemeinden ausgelegt. Die Solidarität wird überstrapaziert und als unfair empfunden. In der wichtigen Finanz- und Lastenausgleichskommission (FILAKO) sind die Gebergemeinden mit den höchsten Belastungen nicht vertreten.

2019 erhalten insgesamt 20 Gemeinden Beiträge aus dem FILAG, obwohl deren Steuerfuss unter dem kantonalen Durchschnitt liegt. Diese 20 Gemeinden erhalten zusammen Beiträge von CHF 8’251’500 von den Gebergemeinden und vom Kanton. Aus dem Disparitätenausgleich, also nur von den Gebergemeinden, erhalten diese 20 Gemeinden insgesamt CHF 4’715’000. Würde man dies eliminieren, könnte die Abschöpfungsquote ergebnisneutral von heute 40% auf 33% reduziert werden. Ist es tatsächlich Aufgabe der Gebergemeinden, andere Gemeinden mit unterdurchschnittlichem Steuerfuss zu alimentieren und ihnen zu ermöglichen, ihren Steuerfuss weiter unter den kantonalen Durchschnitt zu senken?

Es ist auch zu überdenken, ob es tatsächlich Aufgabe des Kantons ist, Gemeinden mit unterdurchschnittlichem Steuerfuss zusätzlich mit einer Mindestausstattung zu alimentieren. Gemäss Berechnungen kann sich der Kanton damit jährlich rund CHF 1’480’000 sparen. Bis dato haben diese es auch ohne diesen «Zustupf» geschafft, ihre Finanzen im Lot zu halten, was lobenswert ist.

Für die Berechnung der FILAG-Abgabe 2019 werden die Staatsteuer-Aufkommen der Jahre 2015/2016 verwendet. Diese Berechnungsmethode kann für Gemeinden zu grossen Schwankungen der FILAG-Abgaben führen. Zum Auffangen dieser Schwankungen sind diverse Gemeinden gezwungen, mehr Eigenkapital zu bilden. Sinnvoller wäre die Verwendung von mindestens 3 bzw. 5 Jahren als Berechnungsbasis.

Die grössten Gebergemeinden warten gespannt auf den Wirkungsbericht und erwarten, dass die Stellschrauben neu gesetzt, sprich die Abschöpfungsquote und Mindestausstattung deutlich reduziert werden.

Ein Wirksamkeitsbericht muss unbedingt auch klare Angaben enthalten, was die Nehmergemeinden mit dem zusätzlichen Geld gemacht haben:

  • haben sie das Geld benutzt, um den Steuersatz zu senken?
  • Haben sie das Geld für Ausgaben und/oder Investitionen verwendet, die in den bisherigen Budgets keinen Platz gefunden haben?
  • Haben sie das zusätzlich Geld gehortet?

Der Auftrag von Markus Spielmann um Festlegung der Abschöpfungsquote bei 35 statt 40 % und die Mindestausstattung bei 90 statt 92 %, um mögliche Fehlanreize zu korrigieren, fand leider kein Gehör im Rat. Am längsten debattiert wurde um die Zentrumslasten Solothurns, Oltens und Grenchens. Die Grenchner plädierten für die Variante der Regierung, welche eine Drittelung der Beiträge vorsah, also ca. 330‘000 Franken je Stadt, die Solothurner redeten für die Variante FIKO, welche die bisherige Regelung vorsah: 55‘000 Franken für Grenchen, 565‘000 für Solothurn und 380‘000 für Olten. Von allen Seiten bemängelt wurde das fehlende Zahlengrundlagenmaterial in Bezug auf die Zentrumslasten. So forderte Fraktionssprecher Christian Thalmann eine Überprüfung des gesamten Meccano aufgrund nachvollziehbarer Daten. Schlussendlich war das Motto des Kantonsrats: Im Moment wird noch nichts geändert. Eine grosse Mehrheit des Rats will vor einer Anpassung der Steuerungsgrössen den Wirkungsbericht abwarten, der im Frühling 2019 vorliegen soll.

Der Auftrag von Michael Ochsenbein (CVP) für einen „weichen Einstieg in den Kindergarten“ wurde vom Rat abgelehnt. Fraktionssprecher Hubert Bläsi betonte, dass es natürlich immer wieder zu schwierigen Situationen komme, wenn einem Kind im Kindergarten die Bezugspersonen fehlen, es sich an eine neue Umgebung gewöhnen muss und es in ein neues Beziehungssystem eingebunden wird. Das Bewältigen von solchen Gegebenheiten gehöre aber dazu, das Vorhandene müsse unter Einbezug der kleinen „Pfüderi“ behutsam weiterentwickelt werden. Die Probephase führe nicht wie behauptet zu einer besseren Planbarkeit der Klassengrössen, im Gegenteil. Die FDP-Fraktion lehnte den Vorstoss daher grossmehrheitlich ab, der Rat mit 69 zu 24 Stimmen.

In Bezug auf die Entwicklung des Allerheiligenbergs sah Johanna Bartholdi schwarz. Das zuständige Departement werde wohl nicht darum herumkommen, sich tatsächlich mit dem Gedanken des Rückbaus zu beschäftigen. Die Liegenschaft sei zwar wunderschön, aber schwer erreichbar gelegen. Eine Alternative zum Rückbau sähe Bartholdi in der Übertragung der Liegenschaft zu einem symbolischen Franken an eine Kulturinstitution. Vereine oder Vereinigungen könnten gerade an solchen Lagen ihre kulturellen Aktivitäten pflegen und der Immobilie eine neue Identität geben.

Am zweiten Sessionstag überraschte ich meine Kolleginnen und Kollegen mit meinem Rücktrittsschreiben. Mit mir selber hatte ich jedoch lange gerungen, manchmal gelangt man aber an den Punkt, wo man einsieht, dass man nicht mehr alle Tätigkeiten unter einen Hut bringt. Ich werde mich künftig auf mein Gemeindepräsidium, meine Tätigkeiten als Kommunikationsberaterin und Moderatorin sowie auf meine Wanderleitertätigkeit, für welche ich im November und Januar die eidg. Fachprüfung absolvieren muss, konzentrieren.

Grosse Aufmerksamkeit kam den Oberrichterwahlen zu. Der Antrag der SVP auf Verschiebung des Wahlgeschäfts – sie witterte wie immer Verschwörung und unterstellte der Justizkommission, bei der Auswahl nicht korrekt vorgegangen zu sein – wurde vom Rat abgelehnt. SP-Vertreter Urs Huber sprach von einem Affentheater…. Daher wurde dann doch am Mittwoch der ersten Sessionswoche gewählt. Neben den drei offiziell von der Justizkommission vorgeschlagenen Kandidierenden Rolf von Felten (CVP), Barbara Hunkeler (FDP) und Doris Kralj (Grüne) wurden in unserer Fraktion auch die beiden „wilden“ SVP-Kandidaten Claude Wyssmann und Rainer Fringeli angehört. Es brauchte schliesslich drei Wahlgänge, bis Rolf von Felten und Barbara Hunkeler das absolute Mehr erreichten. Wir freuen uns und gratulieren unserer Kandidatin Barbara ganz herzlich zur Wahl und wünschen ihr alles Gute im neuen Amt.

Der Antrag von Daniel Urech auf 20 (!) Tage Vaterschaftsurlaub beim Arbeitgeber Kanton Solothurn wurde im Rat zwar lange diskutiert, kam aber nicht infrage. Im Rahmen der ohnehin geplanten Überprüfung der bezahlten Absenzen soll die Gesamtarbeitsvertragskommission den Umfang des Vaterschaftsurlaubs aber überprüfen. Allerdings stimmte auch dieser Version nur eine hauchdünne Mehrheit des Rats zu, entgegen unserer Fraktion. Auch der zweite Auftrag Urechs, dass Eltern bei der Geburt oder Adoption eines Kindes Anrecht auf Reduktion ihres Pensums um 20 Prozent haben sollten, scheiterte.

Der Zusatzkredit Soziale Sicherheit, der Bericht über die Erfüllung des Leistungsauftrags 2015-2017 der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und der Geschäftsbericht 2017 der Solothurnischen Gebäudeversicherung SGV fanden breite Zustimmung.

3. Sessionstag

Am 20. März 2018 hatten wir einen Vorstoss von Verena Meyer-Burkhard überwiesen, welcher eine Mehrfachstimmvertretung in Solothurner Zweckverbänden verlangte. Es wird immer schwieriger, Personen zu finden, die sich in Zweckverbänden engagieren. Ausserdem kann der Gemeinderat seine Delegierten instruieren, was eine Mehrfachvertretung unsinnig macht. In dieser Kantonsratssession lag die entsprechende Gesetzesänderung nun vor. Es soll den Gemeinden ermöglicht werden, die Statuten ihrer Zweckverbände mit einer Mehrfachstimmvertretung auszugestalten. Damit wird vielen geholfen werden können, das Ganze ist fakultativ und der Zweck damit erreicht. Fraktionssprecher Kuno Tschumi dankte dem Volkswirtschaftsdepartement für die speditive Erledigung des Vorstosses. Unsere Fraktion nahm die Vorlage einstimmig an, der Rat mit 67 Ja- zu 24 Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen. Damit war auch das notwendige Zweidrittelsquorum erreicht.

Viel zu reden gab der überparteiliche Auftrag in Bezug auf die Pannenstreifennutzung statt des Kulturlandverlusts entlang der Nationalstrasse A1. Fraktionssprecher Heiner Studer betonte, dass sich die FDP-Fraktion selbstverständlich bewusst sei, dass der Ausbau der A1 auf 6 Spuren mit einem grossen Kulturlandverlust einhergehe. Die Nutzung des Pannenstreifens mache aber keinen Sinn, es wäre keine dauerhafte Lösung. Auch die Nutzung des Pannenstreifens bräuchte Planung, Auflagen und Ausbauarbeiten. Bis dies umgesetzt wäre, wäre die Kapazitätsgrenze bereits wieder erreicht. Das Geld würde besser in alternative Verkehrsmodelle oder die Umsetzung neuer Technologien eingesetzt. Mit der Durchführung einer Güterregulierung kann der Kulturlandverlust minimiert und weitere Ausgleichsmassnahmen geschaffen werden. Der Auftrag wurde mit 47 Nein- zu 40 Ja-Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt.

Die Reduktion der Motorfahrzeugsteuer für Veteranenfahrzeuge hat der Rat abgelehnt.

Weiter wurde der Regierungsrat beauftragt

  • die Aufhebung der Oberämter zu prüfen,
  • ein Pilotprojekt für die Dickdarmkrebs-Prävention zu lancieren (wobei der alte Auftrag ganz knapp abgeschrieben wurde) sowie
  • ein Konzept für die Begleitung von Pflegekindern beim Erwachsenwerden, also für Care Leavers, auszuarbeiten.

Liebe Fraktionskolleginnen und -kollegen, liebe FDPler, ich danke euch für die Zusammenarbeit und die Unterstützung während der vergangenen gut fünf Jahre im Kantonsrat und freue mich, euch bei anderer Gelegenheit wiederzusehen!

Neue Vorstösse:

Auftrag Fraktion (Erstunterzeichner Urs Unterlerchner, Solothurn): Konfessionell und politisch neutrale Lehrmittel

Der Regierungsrat wird beauftragt aufzuzeigen, ob und wie in den leitenden Lehrmitteln der Volksschule die Grundsätze der Glaubens- und Gewissensfreiheit hinreichend berücksichtigt werden und die politische Neutralität gewährleistet ist.

Auftrag Marianne Meister (Messen): Subventionen an Ausbildungs- und ÜK-Zentren

Der Regierungsrat wird beauftragt, basierend auf dem § 53 des Gesetzes über die Berufsbildung (BGS 416.111) die Verordnung über die Berufsbildung (BGS 416.112) im § 56 Abs. 3 in geänderter Form wieder in Kraft zu setzen. § 56 Abs. 3 soll neu lauten: Das Amt wird ermächtigt, beim gemeinsamen Bau oder Umbau eines Ausbildungs- und ÜK-Zentrums mit Standort ausserhalb des Kantons Solothurn befristet auf höchstens 5 Jahre zusätzliche Beträge (ÜK2Beiträge) ausrichten zu können. Der Beitrag des Kantons Solothurn soll anteilmässig (Gesamtzahl der Lernenden zur Zahl der Solothurner Lernenden zum Zeitpunkt des Bau- oder Umbaustarts) erfolgen.

Auftrag Christian Scheuermeyer (Deitingen): Sensibilisierung in und Weiterentwicklung der Begabtenförderung 

Der Regierungsrat wird beauftragt, die Begabtenförderung (BF) weiterzuentwickeln und alle Betroffenen zu sensibilisieren. Dazu soll er folgende drei Bereiche unterstützen, umsetzen und/oder einführen:

1. Der Kanton erstellt mit den Schulen und Schulträgern einen verbindlichen Leitfaden für die Begabtenförderung. Als unterstützendes Instrument wird ein Dossier über alle Bereiche der BF zusammengestellt, welches betroffenen Eltern via Schulleitungen abgegeben werden muss. Zusätzlich stellt der Kanton den betroffenen Eltern, Lehrkräften und Schulleitungen eine qualifizierte Anlaufstelle zur Verfügung, wo Fragen zur BF deponiert und zeitnah beantwortet werden. Bei Informationsveranstaltungen auf Schule/Schulträgerstufe soll der Fokus vermehrt auch auf die BF gelegt werden.

2. Verstärkte Sensibilisierung und Kompetenzerweiterung der Lehrkräfte in der Aus- und Weiterbildung im Bereich der BF. Durch gezielte individuelle und schulinterne Weiterbildung erweitern Lehrpersonen, Förderlehrpersonen und Schulleitungen ihr fachliches Wissen in der BF und erarbeiten sich somit das Rüstzeug für die Umsetzung der BF. 

3. Von den max. 28 Poolstunden der Speziellen Förderung müssen explizit mindestens 3 Poolstunden (entspricht 10.71%) für die Begabtenförderung eingesetzt werden. Zusätzlich beantragte Poolstunden werden durch den Kanton bewilligt und mitfinanziert. Ebenso unterstützt der Kanton den Initialisierungsaufwand von Pull-Out Programmen und das bedarfsgerechte Einrichten von Ressourcenzimmer und/oder Förderkisten für die BF.

Interpellation Fraktion (Erstunterzeichner: Markus Spielmann, Starrkirch-Wil): Auswirkungen des TARMED-Eingriffs auf den Kanton Solothurn

Interpellation Christian Thalmann (Breitenbach): Abfluss von Prämienverbilligungen ins Ausland?

Die bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU/EFTA sehen für gewisse Länder vor, dass auch nichterwerbstätige, im Ausland zurückgebliebene Familienangehörige von Jahresaufenthaltern und von in der Schweiz niedergelassenen Ausländern ebenso in unserem Land KVG-versichert sein müssen. Für den Mittelstand und für finanziell schwache Personen sind die KVG-Prämien teilweise nicht mehr finanzierbar; die alljährliche parlamentarische Diskussion um die Verteilung von Subventionen zeigt die Ohnmacht der Politik.