Am 9. Februar stimmen wir über die Einführung eines kantonalen Mindestlohnes ab. Was bedeutet das konkret für Dein Unternehmen?
In erster Linie würde dies verständlicherweise höhere Personalkosten bedeuten. Das ist für ein Unternehmen, bei welchem die Personalkosten rund 75 bis 80 % der Aufwände ausmachen eine wesentliche Belastung. Dies umso mehr, als dass die höheren Personalkosten am Markt kaum durchsetzbar sind. Tatsache ist nämlich, dass der Mindestlohn nur für Solothurner Unternehmen gilt. Ausserkantonale Firmen müssen sich nicht an den kantonalen Mindestlohn halten, sofern ihre Mitarbeitenden nicht im Kanton Solothurn angestellt sind. Dies führt unweigerlich zu ungleich langen Spiessen, da diese Unternehmen preiswerter am Markt offerieren können. Es ist davon auszugehen, dass wir aufgrund dieser Wettbewerbsverzerrung Aufträge und Mandate verlieren werden und dass wir in der Folge Mitarbeitenden kündigen müssen.
Welche Arbeitsplätze in Deinem Unternehmen wären besonders gefährdet?
Es wären Arbeitsplätze in den Bereichen Unterhalts- und insbesondere Spezialreinigung, da diese Arbeitsverträge nicht auf die Arbeitsobjekte abgeschlossen werden und sich ausserkantonale Mitbewerber somit nicht an den Mindestlohn halten müssten. Gerade in diesen Bereichen beschäftigen wir oftmals ungelernte Mitarbeitende ohne jegliche Grundausbildung und wenig Deutsch-Kenntnissen. Entsprechend leisten wir oftmals auch eine Erstintegration in den Arbeitsmarkt. Die Mitarbeitenden bilden wir sodann On-The-Job sowie mittels Kursangeboten und Ausbildungslehrgängen aus.
Die Initianten suggerieren, dass nur ein Mindestlohn von 23 Franken fair ist. Was zeichnet für Dich einen fairen Lohn aus?
Dies ist eine sehr gute Frage. Selbstverständlich ist sie nur schwer zu beantworten, da die Bedürfnisse individuell und unterschiedlich sind. Wichtig zu wissen ist, dass bereits heute ein allgemein verbindlicher GAV und somit ein Mindestlohn besteht. Dieser liegt aktuell jedoch tiefer als der nun vorgesehene kantonale Mindestlohn, ist jedoch für alle Unternehmen in der Schweiz bindend. Das ist bei der nun zur Abstimmung kommenden Mindestlohn Initiative eben gerade nicht der Fall.
Wichtig ist, dass das Gesamtpaket für die Mitarbeitenden stimmt. So bezahlen wir unseren Mitarbeitenden in der Spezialreinigung bereits heutzutage höhere Löhne als im allgemein verbindlichen GAV vorgesehen. Zusätzlich haben unsere Festangestellten generell fünf statt vier Wochen Ferien und bis dato haben wir Ihnen zwei Franken mehr Spesen ausbezahlt. Weiter sind bei uns alle Mitarbeitenden unabhängig ihres Beschäftigungsgrades Krankentaggeld-versichert. Unsere Mitarbeitenden profitieren somit im Krankheitsfall und sind gegen Lohnausfälle geschützt. Der aktuell gültige GAV sieht dies in dieser Form nicht für alle Mitarbeitenden vor. Last but not least unterstützen wir sie auch in alltäglichen Situationen im privaten Bereich und fördern und entwickeln Sie mit Aus- und Weiterbildungen, welche von uns finanziert werden. Dies ermöglicht es ihnen, im Arbeitsmarkt aufzusteigen und sich auch für anderweitige Arbeitstätigkeiten zu empfehlen. Damit bieten wir ihnen ein faires Gesamtpaket.
Du rekrutierst für Dein Unternehmen jährlich 2 bis 3 Lernende. Wie würde sich der Mindestlohn auf die Rekrutierung auswirken?
Ich gehe davon aus, dass die Einführung eines Mindestlohnes sich sehr stark auf die Rekrutierung von Lernenden auswirken wird und dass wir weniger Lehrlinge ausbilden können. Der Beruf des Gebäudereinigers wird oftmals von lernschwachen Menschen gewählt, welche in der Schule Schwierigkeiten hatten. Sie sehen im Beruf Fachmann/-frau Reinigungstechnik EFZ eine Perspektive. Mit der Annahme des Mindestlohnes stellt sich die Frage, weshalb soll Jemand eine dreijährige Lehre absolvieren, wenn der Mindestlohn nahezu das Lohnniveau eines Lehrabgängers erreicht. Dies wird dazu führen, dass sich weniger junge Menschen für eine Lehre entscheiden. Diese Jugendlichen werden versuchen, direkt in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Der Mindestlohn gefährdet somit das duale Bildungssystem und wird dazu führen, dass wir noch mehr unausgebildetes Personal beschäftigen.
Was ist Dir als Arbeitgeber wichtig im Umgang mit Deinen Mitarbeitenden, die im Tieflohnbereich tätig sind?
Die Mitarbeitenden brauchen Förderungs- und Entwicklungsoptionen. Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden ermöglicht es ihnen, sich für höher qualifizierte Arbeitsbereiche zu empfehlen. Es ist wichtig, sie immer wieder auf diese Möglichkeiten aufmerksam zu machen und sie auch aktiv zu fordern und fördern. Wir beschäftigen beispielsweise zahlreiche Kadermitarbeitende, welche das Handwerk bei uns von der Pike her gelernt haben und sich mit Aus- und Weiterbildungen bis zu Führungskräften weiterentwickelt haben. Darauf sind wir stolz und dieses Engagement werden wir unabhängig dem Ausgang der Initiative beibehalten.
Beitrag von Adriana Marti-Gubler